Vorhersagen unter schwierigen Bedingungen: Neuronale Korrelate von Neuer Musik
Dieses Teilprojekt untersucht die neuronalen Mechanismen, die zur Wertschätzung Neuer Musik beitragen könnten. Bisher hat sich die neurowissenschaftliche Erforschung von musikalischem Genuss auf westlich tonale Musik konzentriert und wurde mit Aktivität im limbischen System in Verbindung gebracht. Dabei konnten zwei neuronale Aktivitätsmuster unterschieden werden: einerseits eine Phase der Antizipation und andererseits eine Phase, welche die Höhepunkterfahrung repräsentiert. Dies legt nahe, dass Vorhersagemechanismen zentral sind, um Emotionen beim Musikhören zu induzieren, insbesondere aufgrund der Erzeugung von Vorhersagen und ihrer Verletzungen.
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Diese Studie geht der Frage nach, inwieweit Vorhersagemechanismen auch beim genussvollen Hören von Neuer Musik eine Rolle spielen, beziehungsweise wie sich Vorhersagen in Neuer Musik überhaupt gestalten. Durch die Schwierigkeit, den musikalischen Verlauf zu antizipieren, wird vermutlich der Aufbau von Erwartung in Form von Vorhersagen erschwert. Die Studie untersucht, wie sich kurzfristige und langfristige Beschäftigung mit Neuer Musik auf kognitive Vorhersagemodelle auswirken kann und letzten Endes wie diese erlebte perzeptuelle Unsicherheit zu musikalischem Genuss führen kann. Um was für eine Art von Genuss es sich dabei im Vergleich zu klassisch tonaler Musik handeln könnte, soll durch diese Studie beantwortet werden.
Im Kontext neurowissenschaftlicher Grundlagenforschung sollen die Ergebnisse auch zu einem Verständnis darüber beitragen, wie sich Individuen an schwer einzuschätzende und nur wenig vorhersehbare (auditive) Umgebungen anpassen können und wie sich neuronale Mechanismen und Prozesse gestalten, die mit einer Wertschätzung solcher Umgebungen assoziiert sind.
Dieses Projekt wird durchgeführt in Zusammenarbeit mit Elvira Brattico, Peter Vuust, Niels Trusbak Haumann und David Quiroga Martinez (Center for Music in the Brain, Aarhus University, Denmark; http://musicinthebrain.au.dk)
Methoden
Für die Beantwortung dieser Fragen wird u.a. ein Ansatz verfolgt, der Klavierkompositionen aus unterschiedlichen Epochen als Stimuli für das Experiment verwendet. Bisher hat die musikpsychologische Forschung im Wesentlichen mit artifiziell erzeugten akustischen Reizen gearbeitet. Um jedoch eine möglichst hohe ökologische Validität zu erzielen reichen künstliche Tonsequenzen nicht aus, gerade wenn es um die Erforschung von musikästhetischem Erleben geht.
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Im Rahmen neuroästhetischer Forschung von Musik hat sich in Verbindung mit diesem Ansatz der Begriff „Free-Listening“ etabliert. Dabei werden mit Hilfe von EEG (Elektroenzephalographie) oder MEG (Magnetenzephalographie) elektrische Gehirnpotentiale in Reaktion auf die Musik gemessen. Die ereigniskorrelierten Potentiale (ERP´s) werden dann mit den akustischen Eigenschaften der Musik korreliert, welche sich auf computerbasierte Analysen stützen. Aufgrund der hohen zeitlichen Auflösung von MEG Messungen eignet sich dieser methodische Ansatz ideal für die Erforschung eines solch komplexen, sich in der Zeit entfaltenden Phänomens wie Musik und repräsentiert als Forschungsparadigma eine vielversprechende und innovative Methode für die Grundlagenforschung im Bereich der empirischen Musikästhetik.

MITARBEITER/INNEN
