„Netzwerk literarische Erfahrung“ ins Leben gerufen
Jeder Mensch erlebt mit den Sinnen, und zwar alltäglich. Er macht ästhetische Erfahrungen, aber was sind ästhetische Erfahrungen: bloß ein Sonderfall von Alltagserfahrungen oder mehr? Und wie lassen sich solche Erfahrungen beschreiben, die von Literatur ausgelöst werden? Gibt es Erfahrungen, die für Literatur spezifisch sind und sie zu etwas Besonderem, vielleicht nicht unbedingt ästhetisch und sinnlich Erfahrbarem machen? Was folgt daraus für unsere gesellschaftliche Wahrnehmung von Literatur?
Um Fragen wie diese zu beantworten, haben das Deutsche Literaturarchiv Marbach, das Freie Deutsche Hochstift / Goethe-Haus Frankfurt am Main, das Leibniz-Institut für Wissensmedien Tübingen und das Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik Frankfurt das ›Netzwerk literarische Erfahrung‹ ins Leben gerufen. Unser Netzwerk geht davon aus, dass Literatur anders als Alltagserfahrungen, Bilder und Filme nicht über unmittelbare sinnliche Wahrnehmung operiert, sondern durch symbolische Codes, die erst ›im Kopf‹ in sinnliche Erfahrung ›rückübersetzt‹ werden.
Zu den spezifischen Aufgabengebieten dieses Netzwerks, das auch auf die Krisendiagnose vom ›Leseschwund‹ vor allem unter den 20- bis 30-jährigen Lesern (Börsenverein des deutschen Buchhandels, 2018) und auf die Stavanger Erklärung E-Read Zur Zukunft des Lesens (2019) reagiert, zählen: die Beschreibung und Begriffsbestimmung von literarischer Erfahrung, die empirische und in ihren Methoden plurale Untersuchung von Lektüren (Leserforschung), Literaturausstellungen und ihren Besuchern und die Untersuchung der Rezeption solcher Phänomene in der Öffentlichkeit.
Neben der übergreifenden Frage nach literarischen Erfahrungen widmet sich das Netzwerk u.a. folgenden Themen: Welche Rolle spielen Vorbildung und Lesekompetenz bei der Auswahl der Lektüre und der Lektüre selbst? Wo lesen wir Literatur und wie verändert der Ort des Lesens unsere Wahrnehmung von Literatur? Wie lesen wir Literatur und welche Literatur lesen wir wie? Wer liest welche Bücher und warum? Wie verändert sich das Lesen (die sinnliche Erfahrung eines Textes wie das Verstehen eines Textes), wenn sich das Lesen dem Schreiben annähert (z.B. durch Games, aber auch durch Archivalien und deren textgenetische Edition)? Welche neuen Möglichkeiten der Literaturwissenschaft wie der Literaturdidaktik ergeben sich aus den Verbindungen von empirischer und künstlerischer Forschung in Literaturausstellungen?
Deutsches Literaturarchiv Marbach
Freies Deutsches Hochstift / Goethe-Haus Frankfurt
Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik, Frankfurt a. M.
Leibniz-Institut für Wissensmedien, Tübingen
Eberhard Karls Universität Tübingen, Psychologisches Institut